Emporenbilder in der Kirche in Steinbach-Hallenberg

Quelle: Ehemalige Webseite der Kirchengemeinde. Mit freundl. Genehmigung von Pfr. Scholz.

Dem Kunsthistoriker Dr. Gerhard Seib, Direktor der Mühlhäuser Museen, ist jetzt eine kunstgeschichliche Entdeckung in der Stadtpfarrkirche zu Steinbach-Hallenberg geglückt, die Aufsehen verdient.

Im Januar 1997 hat Dr. Seib aufgrund von Photos der Emporenbilder der Kirche einen Besuch abgestattet, um eine Arbeitshypothese unter Beweis zu stellen. Durch die Beschäftigung mit den Bibelillustrationen des vor allem mit seinen Stadtansichten bekannt gewordenen Kupferstechers und Buchhändlers Matthaeus Merian d.Ä. hat Dr. Seib vermutet, daß der Maler der Emporenbilder, ein Schmalkalder Künstler Johannes Fabarius , zu Beginn des 18. Jh. Meriansche Bibelillustrationen oder Nachstiche nach diesen verwendet haben dürfte. Eine stichprobenartige Überprüfung vor Ort hat diese Hypothese bestätigt.

Nun ist es Dr. Seib nach Vorliegen aller 103 Emporenbilder als Photos, die ausschließlich szenische Motive aus dem Alten und dem Neuen Testament zeigen, gelungen, eine exakte Überprüfung vorzunehmen. Die auf drei Emporen verteilte "Bilderflut" in der Stadtpfarrkirche wird übrigens kaum von einer anderen ausgemalten protestantischen Kirche in Thüringen übertroffen.
Bei 66 Bildern läßt sich eine direkte, weitgehend getreue Abhängigkeit von den Merianschen Bildmotiven feststellen, freilich sind dabei die meisten Bilder spiegelverkehrt übernommen; nur bei fünf Bilder ist eine "positive" Rezeption feststellbar. Die "spiegelverkehrte Übernahme" dürfte sich durch die Art der unmittelbare Übermittlung (Pause) erklären bzw. durch das Vorhandensein einer nicht bekannten, direkten Vorlage nach Merian , die die Bilder seitenverkehrt bringt.

So liegt dem Entdecker der Vorlagen eine 1701 in Oxford gedruckte Bibel mit Stichen vor allem nach G. Freeman vor, die leicht veränderte Nachstiche der Merianschen Bibelillustrationen in spiegelverkehrter Form wiedergibt. 14 bzw. 16 Emporenbilder sind nach Merian stärker modifiziert, lassen das vermutete Vorbild weniger deutlich in Erscheinung treten. Nur 20 bzw. 22 der Emporenbilder gehen nicht auf Merian zurück, was vor allem darin begründet ist, daß zu den speziellen Bildmotiven keine Merianschen Kupferstiche vorliegen, so daß der Künstler auf andere Vorlagen zurückgreifen mußte.

Die Übernahme der Merianschen biblischen Bilderwelt ist von dem Maler Johannes Fabarius recht geschickt unter Konzentration auf das Wesentliche der ins Bild gesetzten Geschehnisse erfolgt, wenngleich manches dabei naiv erscheint. Der narrative Meriansche Erzählstil ist zugunsten einer Verdichtung auf das Essentielle von Fabarius uminterpretiert worden, was als respektable künstlerische Leistung seitens des Malers zu konstatieren ist.
Merian hat seine Bibelillustrationen -insgesamt 233- 1625/27 erstmals herausgebracht; zunächst als Bilderfolge, 1639 als vollständige Bibel, 1704 ist noch einmal eine von ihm illustrierte Bibel erschienen, die möglicherweise Johannes Fabarius oder seinen Auftraggebern, den Steinbach-Hallenberger Pfarrer Johann Adam May d.Ä. (1692-1714 Pfr.) sowie dessen Nachfolger Johann Reinhardt Avenarius, die auch das Bildprogramm im einzelnen bestimmt haben dürften, zur Verfügung gestanden hat.

Die Popularisierung der Merianschen Bibelillustrationen ist nicht am Beispiel der Stadtkirche von Steinbach-Hallenberg festzumachen, sondern wurde von Dr. Seib auch im Bereich des künstlerischen Eisengusses nachgewiesen: etwa 25 Motive der Merian-Bibel haben den Modellschneidern, den Verfertigern jener hölzernen Gußmodelle für Ofenplatten, als Vorbild gedient.

Übrigens hat der Maler Johannes Fabarius um 1697/99 die Emporen der Kirche in Roßdorf, 1706 jene in der Kirche von Nentershausen (Krs. Bad Hersfeld-Rotenburg) sowie um 1710/19 (in zwei Phasen) die Kirche in Steinbach-Hallenberg ausgemalt. Dr. Seib plant die hier angedeuteten Forschungen zu einer Monographie über die Emporenbilder zusammenzufassen.

Merian

Opferung Isaaks nach Merian
Die Opferung Isaaks, 1. Mose 22, 1-19 nach Merian

Merian ist der Name einer berühmten schweizerischen Künstlerfamilie des 16./17. Jhd.

Matthäus M. der Ältere, Kupferstecher, geb. 25.9.1593 in Basel, gestorben am 19.6.1650 in Schwalbach. Nach Tätigkeit in Nancy, Paris, in den Niederlanden und Stuttgart ging er nach Frankfurt a.M. Hier übernahm er eine Verlagsanstalt, zusammen mit Johann Theodor de Bry. Seit 1642 Herausgeber der von ihm mit Kupferstichen versehene "Topographie" Europas, die über 2.000 Ansichten von Städten verschiedener Länder, Karten, Pläne u. dgl. enthält. Die Texte dazu verfaßte M. Zeiller. Nach M.'s Tod fortgesetzt, umfaßt die "Topographie" im Jahr 1688: 30 Bände. Bibelillustrationen 1625-1630. Die von M.d.Ä. nach der Natur aufgenommenen Ansichten der Städte u.ä. sind "sauber in der Ausführung und perspektivisch geschickt angelegt... Die architektonische Treue der Aufnahmen hat das Werk zu einem wichtigen Hilfmittel der Architekturgeschichte gemacht. (Wörterbuch d. Kunst, Stuttgart 1939, S. 373)

Matthäus M. der Jüngere, Porträtmaler, 1621- 1687, führte das Werk seines Vaters erfolgreich fort.

Kaspar M., Sohn M.d.Ä., Kupferstecher, betrieb die Ätzkunst im Kupferstich mit Vollendung.

Maria Sybille M., Tochter M.d.Ä., 1647- 1717, Kupferstecherin, bekannt durch die Detailtreue ihrer (mit Wasserfarben gemalten) Blumen- und Insektenbilder.

Johann Matthäus M., Sohn M.d.J., Historienmaler, gestorben 1716.

Fabarius

Opferung Isaaks nach Fabarius
Die Opferung Isaaks, 1. Mose 22, 1-19 nach Fabarius

Fabarius, Schmalkalder Maler, gestorben vor 1730.

Johann Fabarius bemalte die Holzbrüstungen aller 3 Emporen der Stadtkirche Steinbach-Hallenberg mit Bildern zum Alten und Neuen Testament. 1702 begann F. mit Bildern zum Alten Testament auf den beiden unteren Emporen und ergänzte 1717/1718 mit Bildern zum Neuen Testament auf der dazugekommenen dritten Empore das Werk zu einer wahren „Bilderbibel“ seltenen Umfangs: 104 Bilder insgesamt!

J. G. Fabarius, sein Sohn, malte 1747 das sehenswerte Bild „Heiliges Abendmahl“ über dem Altarplatz in der Ev. Kirche Asbach bei Schmalkalden.

Kommentare

Kommentar von Dr. Jochen halbig |

schön, hier etwas über die Arbeiten von Fabarius zu finden.Ich habe ein Ahnenbild von J.G. Fabarius, Elisabeth Friderike Maria Wolff von Todenwarth und wüsste gern etwas mehr über den Maler.
Beste Grüße von der Todenwarth - J.Halbig